Die letzte Eiszeit

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Eröffnet: 27.05.2011
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Linaeroth
30.05.2011, 11:51 von Linaeroth: Nr. 51
Mangels Zeit hab ich mir jetzt nicht alles durchlesen können und entschuldige mich schonmal im vorraus für eventuelle Dopplungen.

Habt ihr schonmal überlegt, dass es an einigen Stellen der Erde auch besser werden könnte (ich meine jetzt nicht Amiland)? Die Sahara grünt wieder, das Outback wird ebenfalls humider, der Fischreichtum an den Küsten steigt etc.

Eine anderer Punkt ist: wenn sich das Klima wirklich so stark verändert wie im Eingangstext beschrieben würde ich eine Massenwanderung von allem möglichen Getier nach Süden über die Alpen postulieren (hatten wir ja schon öfter). Dabei würden vermutlich wieder die Silberwurz und ähnliches die vorherschenden Pflanzen in Mitteleuropa werden.
Vorher werden aber wohl die Auswanderungsströme aus Skandinavien nach Mitteleuropa gelangen und dort die soziale Lage noch verschärfen. Die Passage über die Alpen würde wahrscheinlich ein Nadelöhr, dass nicht viele lebend überstehen werden, da die Gletscher ja auch wieder gewachsen sind. Italien und Spanien bekommen dan massive Probleme... jetzt aber mit den Einwanderern aus dem Norden.
Tiere, die das Wahrscheinlich gut ab können werden sind Gemsen (die aus den Bergen absteigen werden und die Rolle der Rehe übernehmen), Bären (die könnten aus dem Osten zu uns stoßen) und Rentiere (Wenn sie die Reise gen Süden schaffen). Auch Steinböcke, Steinadler, Schneeeulen, Murmeltiere, Lemminge und diverse Wühlmäuse dürften davon profitieren. Den Vielfraß hätte ich ebenfalls noch auf der Rechnung. Mein Prof. würde sich auch freuen: neue Habitate für Auerhuhn, Birkhuhn und Schneehase. Auch über mehr Großtrappen (unsere schwersten heimischen Vögel) dürften wir uns wohl freuen. Den eher wärmeliebenderen Arten dürfte es eher dreckig gehen. Reptilien überleben wohl nur im Mittelmeerraum und Amphibien könnnen nur in Gebieten überdauern, die generell etwas wärmer sind (z.B. am Rhein).
Mit den Bäumen wird es bergab gehen: wenn, dann überleben noch ein paar Kiefernwälder in Meck-Pomm und Brandenburg oder Lärchenwäldchen in Thüringen. Birken vertragen auch noch ne Menge, machen aber bei den Temperaturen auch schlapp. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Städte von Flechtenmatten überwuchert werden.

So, das wahr ein kleines Brainstorming hinsichtlich der Fauna und Flora in Europa. Werd mich mal Ende der Woche hinsetzen und mir ein paar genauere Gedanken machen

Kaeru: Jared Diamont kenn ich nicht, das mit Grönland hatten wir in der Climate-Change-Vorlesung. Da haben wir auch gehört das es 6 belegte Fälle gegeben hat, an denen zur kleinen Eiszeit (15.-19. Jahrhundert) in Europa Inuit mit ihren kleinen Kanus an der schottischen Küste gelandet sind. Es waren grönlandische Jäger, die an der Packeisgrenze entlang gezogen sind. (Wenn man es sich auf ner Karte anschaut ist das schon gruselig)
So jetzt muss ich aber los ... zur Climate Change Vorlesung :D

Yhoko
30.05.2011, 15:25 von Yhoko: Nr. 52
Das entwickelt sich ja prächtig, vielen Dank an alle Mitdenker und -schreiber! Hier noch ein wichtiges Detail zum anfänglichen Zeitraum, was IMHO bisher komplett übersehen wurde:

Wir wissen bereits; der Ausbruch selbst betrifft nur die nähere Umgebung rund um den Yellowstone. Dort wird alles vernichtet und ganz Nordamerika innerhalb der ersten 2 Wochen mehr oder weniger ausgerottet (also die Tiere und ein Teil der Menschen) - was für Europa aber weniger relevant ist.

Was dann jedoch kommt, nämlich während die Asche sich in der Atmosphäre (und teilweise sogar Stratosphäre) festsetzt, hat massive Auswirkungen: weltweit wird es immer dunkler und kälter, bis dann nach sagen wir mal 2 Monaten kein Sonnenstrahl mehr die Erde erreicht - und dieser Zustand wird rund 8 Jahre lang anhalten!
Jemand anders hat mir erklärt, dass in einem solchen Szenario vielleicht 1% der Tiere überleben werden (ohne Licht geht allen die Nahrungsquelle aus; nach einer Weile sogar den Fischen) und dass lediglich Insekten und Kleinstlebewesen gute Überlebenschancen haben.

Ich denke, diese Zeit der Dunkelheit wird unser Szenario stark prägen, denn es greift nicht nur die globale Lebensgrundlage sondern auch die Menschen auf psychologischer Ebene an - je länger je mehr. Man muss schliesslich davon ausgehen, dass bereits am ersten Tag nach dem Ausbruch (wenn der Ausmass des Problems noch gar nicht richtig bekannt ist und viele erst über die Medien von der Katastrophe erfahren haben) viele Läden gestürmt und geplündert werden; da wird dann auch schnell die Staatsgewalt machtlos gegen die Mobs. Oder anders herum: Welcher Vater geht noch arbeiten, wenn die ewige Nacht beginnt und die Temperaturen stetig fallen? Die ganze Warenproduktion basiert heutzutage auf Geld und das kann bei entsprechender Stimmung des Volkes sehr schnell seinen Wert verlieren.

Kaeru
30.05.2011, 16:35 von Kaeru: Nr. 53
völlig richtig.
anfänglich wird ein totales chaos hereinbrechen.
die Clanführer (Medizinleute), die sich von anfang an der Problematik bewußt sind, werden in dieser Zeit des Chaos ihren Clan um sich scharen.
sie werden sich der Loyalität der stärksten und klügsten Männchen - oder Weibchen - in ihrer Umgebung sichern, indem sie ihnen einfach die Wahrheit auftischen und bekennen, dass sie ihre Hilfe brauchen.
dann beginnt die Respirationsphase, also das aquirieren von Ressourcen vor dem totalen Zusammenbruch.

und nein, ich zitiere hier nichts, ich kann selber so formulieren.

Die Staatsgewalt bricht völlig zusammen, wenn die Kommunikationswege ausgeschaltet sind.
Die Transportwege folgen kurz danach oder kurz davor, auf jeden Fall: Sense. Basta. Finito.

Die Zeit der Dunkelheit zu überstehen wird indeed die wahre herausforderung.
wie gibst du deinem Clan genug Licht ins Herz, dass es das überstehen kann....?
das wird der wahre Prüfstein dieser neuen Zeit werden!

XyR
30.05.2011, 18:52 von XyR: Nr. 54
Ohne Licht gehen die Pflanzen ein, ohne die haben die Pflanzenfresser keine Basis für die Nahrung und ohne die dann deren Jäger (Raubtiere, Mensch, etc) nicht.
Ich sehe also nicht wie die Menschheit das ohne Einsatz von Technologie überleben würde. Man müsste nämlich die Pflanzen und Tiere künstlich am Leben erhalten.
Was die Meere angeht, habe ich keine Ahnung wie sehr sie vom Sonnenlicht abhängig sind. Gewisse Wasserpflanzen werden aber auch eingehen.
Man müsste auf künstliche Art einen Rahmen schaffen wo Leben gedeihen kann.
Vielleicht Biotope unter Kuppeln oder unter die Erde packen. Der Aufwand ist jedoch enorm und setzt wieder die dazu nötigen Mittel voraus.

Ich schätze der größte Motivationsfaktor für Menschen arbeiten zu gehen wäre wohl der Hunger. Es sei denn man wirft das Handtuch und wählt lieber den Tod.
Die Warenproduktion basiert nicht auf Geld sondern auf Bedürfnissen. Geld ist lediglich ein Mittel zum Zweck bzw. sollte es das sein. (Es erleichtert den Handel erheblich, da man im Gegensatz zum Tauschhandel flexibler ist. Der Tauschhandel erfordert, dass beide Parteien etwas zum tauschen besitzen und Interesse daran haben die Ware des jeweils anderen zu bekommen. Mit Geld benötigt man nicht unbedingt die Ware, die der andere wünscht, er kann sie sich mit dem Geld auch bei einem Dritten kaufen. Dafür muss der Wert des Geldes aber auch garantiert und einigermaßen stabil sein.) Die Warenproduktion würde sich dann wohl auch auf das elementärste konzentrieren, um vorerst das Überleben zu sichern und später vielleicht: zu erleichtern.

Man muss bedenken, dass vor einem solchen Schock, der Mensch sehr von seiner Umgebung profitiert hat als er noch nicht im Besitz von moderner Technologie war - und das auch weiterhin noch tut (zu gut sogar oder sagen wir lieber nicht nachhaltig genug: wir brauchen angeblich 1 1/2 Planeten, was das momentane Abbauen von erneuerbaren Ressourcen angeht. Mit anderen Worten: wir verbrauchen gerade die Reserven/das Kapital unseres Planeten).
Die Länder und Gebiete denen es früher gut ging (oder zumindest hätte gut gehen können, wenn man jetzt zb. Korruption, Krieg und andere soziale Komponenten weglässt) waren zuerst einmal die wo die Landwirtschaft gedeihte.
Landwirtschaft hängt jedoch von günstigen bzw. minimalen Wetterbedingungen ab - wenn man keine Prozesse entwickelt um dem künstlich nachzuhelfen.

Was passiert eigentlich nach den 8 Jahren? Wenn es schon berechenbar, messbar, was auch immer, wäre, wann wieder Licht durchdringt, würde das die menschliche Moral bestimmt auch wieder heben.

Anderer Gedanke: Holt eigentlich jemand die Astronauten von der Raumstation wieder runter? Oder wird vor dem Kollaps noch alles in die Wege geleitet, um ein paar ins All zu "retten"? Vielleicht wird über der Aschewolke doch noch versucht Sonnenlicht einzufangen und in Form von Energie auf die Erde zu leiten. Das dürfte allerdings auch sehr aufwändig und kostspielig werden.

Yhoko
30.05.2011, 20:30 von Yhoko: Nr. 55
Nach dieser Zeit klart der Himmel langsam wieder auf, was nach dem Szenario rund 80 Jahre dauert. Will heissen, die Temperaturen steigen dann jedes Jahr im Schnitt um etwa 0.25°C.

Linaeroth
31.05.2011, 15:44 von Linaeroth: Nr. 56
Ähm, die Frage ist doch, wie stark der Himmel verdunkelt ist. Es gab ja schon die Sache mit dem Vulkanausbruch auf Island im 17. oder 18. Jh. Klar werden unsere ganzen Kulturpflanzen betroffen sein. Aber vielleicht finden die Schattenkräuter das sogar ganz toll?! Wenn der Himmel stark verdunkelt ist muss er nur knapp über dem Lichtkompensationspunkt sein und es werden trotzdem einige Pflanzen überleben. Ich gehe nämlich davon aus, dass es recht schwer wird ein Zukunftsszenario mit Menschen zu entwickeln in dem alle Pflanzen tot sind. Das bringt nicht viel. Außerdem hege ich ein immenses Vertrauen in die Natur, schließlich haben wir 3,7 Mrd. Jahre und etliche Katastrophen überlegt (wir = Lebewesen).
Ein größeres Problem sehe ich da mit den giftigen Bestandteilen der Aschewolke. Im oben genannten Ausbruch wurden in England, Norddeutschland und ich glaube Frankreich viele Krankheiten bemerkt die mit den schwefligen Bestandteilen zusammenhingen. Es sind einige Menschen gestorben oder hatten schwere Ausschläge/Lungenprobleme etc. Ich schätze, wenn das über 80 Jahre so geht wird das große Spuren im Verhalten der Menschen hinterlassen z.B. 'geh bei Regen nicht raus, denn er bringt dich um'

Kaeru
31.05.2011, 15:50 von Kaeru: Nr. 57
gah! guter Anstoß!
ich sage PILZE!
Pilze brauchen kein sonnenlicht, und enthalten viele Mineralien.
Pilzzucht wird ein mächtiger neuer Wirtschaftszweig werden.
alte Minen, die bisher nur zu touristischen Zwecken genutzt wurden, werden vom ortsansässigen Stamm annektiert werden und für Champignons, Pfifferlinge und Steinpilze genutzt werden. Shiitake, wenn man an die sporen kommt, usw, usf.

Linaeroth
31.05.2011, 16:08 von Linaeroth: Nr. 58
Hmm, wird schwierig: ein Waldboden z.B. akkumuliert nur ca. 20-50% an organischem Material pro Jahr, sprich 70% wird gleich zerschrotet von Pilzen etc. wenn jetzt aber nix mehr nachkommt könnt ihr euch denken, dass nach wenigen Jahren Sense ist (wobei über die 80 Jahre die Samenbank im Boden überleben dürfte, sodass dannach wieder etwas grünt). Pilze sind genauso heterotroph wie wir und ihr Leben basiert wie unseres auf Pflanzen. (Mal so nebenbei für die die's interessiert: Pilze sind mit uns dichter verwandt als mit Pflanzen oder Bakterien! Find ich immer wieder faszinierend)

Kaeru
31.05.2011, 16:16 von Kaeru: Nr. 59
yup, Pilze sind keine Pflanzen und keine Tiere.
sozusagen die dritte ... Klasse? wie heißt das?
ja, die müssen auch ernährt werden, aber fürs erste kann man in den verendeten Wäldern Boden ausgraben um die Pilze zu versorgen.
tote Bäume sind noch auf Jahre hinaus Nährstoffträger und können vermulcht werden.

und ja, samen aufbewahren für 80 Jahre ist nicht das Problem, man hat 2000 Jahre alte Amphoren mit Weizen gefunden, der immer noch keimfähig war.

Yhoko
31.05.2011, 17:48 von Yhoko: Nr. 60
Also "kein Sonnenstrahl" ist wohl etwas übertrieben, dann hätten wir Temperaturen weit unter 0°C, aber es wird auf jeden Fall ziemlich düster sein. Die Sonne ist dann bestenfalls noch eine etwas hellere Scheibe hinter einer dunkelgrauen, gleichmässigen Wolkendecke die Tag und Nacht über der Erde prangert.

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